Lebensphilosophie kleidet sich in zwei Formen der Kunstprosa: In kontinuierlicher Rede schreiben Cicero, Augustinus, Leopardi, Kassner, in knappen Sentenzen Seneca, Gracián und Nietzsche. – Die Physik der Neuzeit (von Pascal bis Heisenberg) verdankt der Antike wesentliche Denkmodelle und Erklärungsmethoden. Für den Lyriker Eminescu wird die sapphische Ode horazischer Prägung zum Gefäß künstlerischer Bewältigung des Eros als Schicksal. – Tasso schreibt die ovidische Verführungskunst einseitig der Frau zu, Puschkin dem Manne. Goethe entdeckt in der ‚Liebeskunst‘ positive Werte wie Diskretion. – Das europäische Drama bildet sich an der Antike: Molières Harpagon überbietet den plautinischen Euclio. In Auseinandersetzung mit Euripides führt Bernard Shaw seine Zuschauer zu geistiger Selbständigkeit. – Im Wetteifer mit Tacitus’ Zeitkritik betonen Hooft und Schiller die Freiheit und die Abkehr vom Fanatismus. In Zeiten der Revolution (Ibsen 1848 und Blok 1918) dient Catilina als Schlüsselfigur. Der Vater des Völkerrechts, Hugo Grotius, stützt sich vor allem auf Livius und Cicero. Die Idee der Menschenwürde entwickelt Pico della Mirandola aus antiken Wurzeln.

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Jürgen von Ungern-Sternberg in: Museum Helveticum, 77/2 (2020), 283

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Niklas Holzberg in: Latomus, LXXIX.2 (2020), 576-578